Ich habe einen Wunsch. Als leidenschaftliche Strickerin möchte ich einmal die Wolle für meine Werke selbst herstellen – vom Schaf zum Pulli sozusagen. Bisher habe ich immer fertige Wolle gekauft und verarbeitet. Gestern bin ich nun in der Produktionskette einen Schritt nach hinten gegangen und habe einen Spinnkurs belegt.
Eine mir bekannte Schafbäuerin hat mir ein Kilo gewaschene und kardierte Wolle vom Steinschaf verkauft. Und hier geht es schon los, das Spinnen hat eine ganz eigene Sprache. Kardieren bedeutet, dass die Wolle gekämmt ist, so dass die einzelnen Fasern danach so liegen dass es für das Spinnen einfacher ist. Und so sieht das vom Steinschaf, ungefärbt, aus.
Im Spinnkurs haben wir das Spinnen mit der Handspindel gelernt. Wer also gerade an ein altes Spinnrad gedacht hat, liegt falsch. Ein Spinnrad ist schon was für Fortgeschrittene, und da gibt es einige Varianten, die sehr von den individuellen Vorlieben abhängen. Das kommt also später mal – vielleicht.
Also Handspindel. Kann man sich im übrigen mit ein wenig Kreativität auch selbst bauen. Ein Essstäbchen in eine rohe Kartoffel gesteckt, geht auch (echt!). Wichtig ist, dass das Ding ein gewisses Eigengewicht hat und keine Unwucht. Und der Haken oben ist auch wichtig, um später den Faden einzuhängen. Wir haben im Kurs eine Handspindel für Anfänger bekommen, Kostenpunkt 10 Euro.
Und nun? Wie startet man? Beim Spinnen werden aus der Rohwolle laufend Fasern ausgezogen und zu einem Faden verdreht. Das macht man auch am Anfang. Der Faden soll gerade so lang sein, dass man eine Schlaufe binden kann, um sie an der Spindel einzuhängen.
Und jetzt passiert immer das gleiche, Zentimeter für Zentimeter.
1) Spindel drehen, dabei das Fadenstück am Ende festhalten, bis es ordentlich verdreht ist. Ich habe im Uhrzeigersinn gedreht, ist aber egal. Und da ich Linkshänder bin, hab ich den Faden rechts in der Hand und die Spindel mit Links angestubst.
2) Ist der Faden ordentlich verdreht, hält man das Ende fest, zieht auf der anderen Seite aus der Rohwolle ein kleines Faserstück in der gewünschten Stärke heraus, und lässt den Drall des Fadens auf das neue Stück übergehen. Hm, schwer zu erklären, ich weiß.
So geht man dann Schritt für Schritt weiter, bis der Faden so lang ist, dass man ihn aufwickeln kann.
Nach dem Wickeln wir wieder oben im Haken der Faden fixiert und weiter gesponnen.
Wenn man genug auf der Spindel hat, muss der Faden im nächsten Schritt gezwirnt werden. Dazu wird der Faden zunächst auf ein Rohr diagonal gewickelt, der Anfang muss greifbar bleiben.
Ist die ganze Wolle gewickelt, zieht man sie herunter, verknotet Anfang und Ende, und hängt den Anfang wieder im Spindelhaken ein. Nun zieht man ca. 30 cm des Doppelfadens ab, und lässt die Spindel frei drehen. Der Faden verdreht sich durch den Drall. Wenn die Spindel aufhört zu drehen, kann man den Faden auf die Spindel wickeln und den nächsten Teil zwirnen. Das macht man so lange, bis der Knäuel aufgebraucht ist.
Nun kann man die Wolle von der Spindel in einen Knäuel wickeln und hat die fertige Wolle. Hier mein erster Knäuel, hat mich eine gute Stunde gekostet.
Mit diesem Gerät (den Namen konnte ich mir nicht merken), kann man die Wolle in große Schlingen wickeln, um sie z. B. zu färben. Färben kann man im übrigen vor dem Kardieren, vor dem Zwirnen, oder nach dem Wickeln. Je früher im Produktionsvorgang, desto homogener der Farbverlauf.
Und hier habe ich meinen zweiten Spinnversuch gestartet. Man sieht, dass der Faden schon viel dünner und gleichmäßiger geworden ist. Steile Lernkurve!
Fazit: Spinnen hat was meditatives, viel mehr als das Stricken. Meiner Meinung nach liegt das an der Monotonie der einzelnen Bewegungen. Und auch daran, dass man ganz dabei sein muss. Ist der Kopf woanders, sieht man das gleich am Faden. Es hat total Spaß gemacht, und die drei Stunden Kurs waren im Flug vorbei. Ich bin angefixt. Und das Kilo Schafwolle liegt ja hier. Ganz viel Material zum Üben. Und das kommt auf meine Wunschliste: