Nach langer Abstinenz möchte ich heute wieder einen Eintrag zu meinem Olivenöl schreiben.
Die Informationsgemeinschaft Olivenöl, die als akkreditiertes Olivenöl-Sensorik-Panel den Sensoriktest meiner beiden Öle durchgeführt hat, veranstaltete am vergangenen Wochenende ein Olivenöl Sensorik Seminar in Mannheim. Nachdem ich mich bisher nur theroetisch mit den Qualitätsmerkmalen von Olivenöl auseinandergesetzt hatte, war für mich eine Teilnahme Pflicht. Wollte ich doch endlich lernen, was ein gutes Olivenöl tatsächlich ausmacht. Netterweise wurde mir darüber hinaus im Vorfeld zugesichert, dass ich eines meiner Öle mit in die Blindverkostung „schmuggeln“ durfte und somit nochmals eine weitere Meinung bekommen könnte. Ich hatte hierfür das herb-fruchtige Koroneiki-Öl ausgewählt.
Freitag mittag war es dann soweit. 16 Teilnehmer aus ganz Deutschland versammelten sich im Hotel Augusta in Mannheim. Neben Qualitätsmanagern und Einkäufern der großen deutschen Handelsketten waren auch einige kleine Anbieter wie ich dabei. Eine bunte Mischung aus klein und groß!
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begann das Warm-Up. Erster Tagesordnungspunkt war die Fruchtigkeit eines Olivenöls. Nachfolgend abgebildete Becher bildeten eine Referenz dafür. Ganz links war ein raffiniertes Öl mit quasi keinem Aroma, bis hin zu einem sehr intensiven extra vergine Olivenöl ganz rechts.
Immer wieder unterfüttert mit einigem an Theorie wurden wir dann in die Bewertung von Fruchtigkeit eingeführt. Zunächst nur über die Nase, dann aber auch über die Geschmacksnerven im Mund. Beim Test wird nämlich erst rein über den Geruch bewertet, und danach geprüft, inwiefern der Gaumen hält was die Nase versprochen hat. Die Proben sind dabei im Normalfall in einem blauen Glas mit Deckel. Der Tester soll die Farbe des Öls nicht sehen, um nicht schon dadurch eine Bewertung vorzunehmen. Der Deckel soll das Aroma im Glas halten. Die Probe sollte dabei 28 Grad haben, um ein ausgeprägtes Aroma zu entfalten.
Die Fruchtigkeit wird in grün oder reif eingeordnet, wobei es da kein besser oder schlechter gibt. Grüne Aromen sind z. B. Kräuter, Gras, Blätter, Salat, grüne Tomate, grüner Apfel, Artischocke. Reife Aromen wären z. B. Zitrusfrüchte, Banane, Vanille, Nüsse. Je nach Intensität wird die Fruchtigkeit von 0 – 10 eingestuft, wobei eine mittlere Intensität so bei 3 beginnt und kräftige Öle ab 5. Höher als 7 wurde während der zwei Tage keines der Öle bewertet. Neben dieser Fruchtigkeit zählen Bitterkeit und Schärfe zu den weiteren positiven Merkmalen eines Öls. Die kann man aber im Wesentlichen erst im Mund wahrnehmen und nicht in der Nase.
Nach jedem Öl muss der Gaumen neutralisiert werden. Das geht wahlweise mit Brot, Apfelstücken oder Wasser. Ich habe mich an Wasser gehalten.
Im nächsten Abschnitt ging es nun an die weniger schönen Merkmale, die Geschmacksfehler im Öl. Ranziges Öl haben evtl. schon einige von Euch genossen, es gibt aber noch viel mehr. Beispielsweise durch unsachgemäße Verarbeitung (und damit Fermentation) oder durch Fruchtfliegen verursachte Fehler. Hier muss ich ehrlich gestehen, hab ich fast kapituliert. Den Fehler feststellen ging ja noch, aber dann sagen ist das „sticky“, „muddy“, „grabby“ oder mehr, dazu war ich nach so kurzer Zeit nicht in der Lage. Aber im Zweifel reicht es mir ja auch zu wissen, dass ein Fehler vorliegt.
Nachdem wir nun die guten wie die schlechten Aromen eines Öls kennenlernen durften, gab es einen kleinen Parcour mit verschiedenen Riechaufgaben. Hier mußten mehrere Proben auf Fehler geprüft und dokumentiert werden. Sehr interessant was da so herauskam 🙂
Ja, und am Ende des ersten Tages ging es dann noch um Harmonie…..
Das ist eine Bewertung, die die Informationsgemeinschaft Olivenöl eingeführt hat, da sie der Meinung ist, dass die bloße Bewertung von Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe nicht ausreichend ist für die Qualitätseinstufung eines extra nativen Olivenöls. Die Harmonie gibt dabei an, inwiefern Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe in einem ausgewogenen Verhältnis vorliegen, wie langanhaltend der Geschmack im Mund bleibt, und dass natürlich keine Fehler vorliegen. Damit war der erste Tag dann aber zu Ende und Kopf und Gaumen ziemlich gestresst.
Am nächsten Tag gab es dann wieder ein wenig Theorie zu den einzelnen Anbaugebieten Europas und den dort anzutreffenden Olivensorten mit ihren spezifischen Eigenschaften. Zum Abschluss haben wir dann jeweils mehrere Öle aus Spanien, Italien und Griechenland verkostet und ausführlich bewertet. So sieht im übrigen ein Bewertungsbogen aus.
Und das ist die Menge an Proben (17!) innerhalb von drei Stunden an Tag zwei. Es hat nicht für alle Proben zu einem Glas gereicht. Dafür waren wir einfach zu viele Teilnehmer und zu viele Proben.
Und zu guter Letzt gab es für alle natürlich noch die Teilnehmerbescheinigung.
Ich fand es ein tolles Seminar. Jeden, den Olivenöl im Detail interessiert, kann ich sowas nur empfehlen!